Mit Hilfe der Gentechnik ist es möglich geworden, genetisch bedingte Ursachen von Erkrankungen zu erforschen. Für zahlreiche Erkrankungen wurden Gentests entwickelt, um bei Patienten das Vorliegen einer entsprechenden Erkrankung festzustellen. Die sogenannten diagnostischen Tests in der Arztpraxis dienen der Diagnose-Sicherung bei Erkrankungen. So kann bei Patient*innen eine optimierte Behandlung erfolgen.
Die sogenannten prädiktiven Tests weisen bei Gesunden genetische Veränderungen nach, die im späteren Leben mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu einer Erkrankung führen können. Der Befund ermöglicht es jedoch nicht, das Auftreten, den Zeitpunkt und den Schweregrad der Erkrankung vorauszusagen.
Der Gesetzgeber hat 2009 in dem Gendiagnostikgesetz einen Rahmen für den Umgang mit dem genetischen Wissen festgelegt.
Eine zentrale Frage in der theologisch-ethischen Beurteilung der Gendiagnostik richtet sich auf den Umgang mit dem durch diese Methoden bereit gestellten Wissen. Gibt es ein Recht auf Wissen? Gibt es gar eine Pflicht zum Wissen? Oder gibt es auch ein Recht auf Nichtwissen?
Die Kirchenleitung der EKvW hatte im Jahr 2000 eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe "Ethische Fragen der Gentechnik" berufen. Diese legte 2004 eine Studie zu den Chancen und Risiken der genetischen Diagnostik vor. Sie erläutert insbesondere die ethischen Anfragen an den Einsatz gen-diagnostischer Methoden.
Die Studie „Ethische Überlegungen zur genetischen Diagnostik“ ist als Heft „Materialien für den Dienst 5/2004“ erschienen.
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Die Präimplantationsdiagnostik (PID) stellt eine Möglichkeit dar, bereits bei einem menschlichen Embryo, der durch eine künstliche Befruchtung (In vitro-Fertilisation, IVF) entstanden ist, eine genetische Diagnostik durchzuführen. Diese erfolgt also außerhalb des Mutterleibs. Bei der PID werden in-vitro befruchtete Embryonen auf Chromosomenschäden oder genetische Defekte untersucht.
Im Juli 2011 hat der Deutsche Bundestag eine Entscheidung über den Umgang mit der Präimplantationsdiagnostik (PID) gefällt. Es bleibt danach bei einem Verbot dieser Diagnostik am menschlichen Embryo, aber in Ausnahmefällen - beispielsweise bei schweren Erbkrankheiten und Chromosomenstörungen - kann eine PID auch in Deutschland gestattet werden.
Gesetzliche Regelung der PID in Deutschland
In den gesellschaftlichen und politischen Beratungsprozess um die Regelung der PID hatte sich auch die EKvW eingeschaltet und den westfälischen Bundestagsabgeordneten die Studie der landeskirchlichen Arbeitsgruppe "Ethische Fragen der Gentechnik" zu "Ethischen Überlegungen zum Umgang mit der Präimplantationsdiagnostik" aus 2003 zur Kenntnis gegeben, die die Haltung der EKvW zur PID beschreibt.
Die EKvW lehnt in dieser Studie eine generelle Zulassung der Präimplantationsdiagnostik ab. Allerdings wird eine eng begrenzte Zulassung der PID in Einzelfällen für möglich gehalten. Ausnahmen wären bei schweren Erbkrankheiten oder Chromosomenstörungen denkbar. Bei Paaren, die in einer derartigen Situation stehen, wird Verständnis dafür geäußert, wenn sie zur Erfüllung ihres Kinderwunsches eine künstliche Befruchtung mit anschließender PID nutzen möchten. Die Studie führt dies in einer ausführlichen theologisch-ethischen Auseinandersetzung mit dem Thema aus.
Die Studie "Ethische Überlegungen zum Umgang mit der Präimplantationsdiagnostik" ist als Heft 1/2003 in der Reihe "Materialien für den Dienst" erschienen.