Eine neue Studie des Wuppertal Instituts im Auftrag von Brot für die Welt und der Heinrich-Böll Stiftung zeigt, mit welchen politischen Instrumenten diese Nachhaltigkeitsstandards umgesetzt werden können. Notwendig ist demnach ein umfassender und abgestimmter Instrumenten-Mix, um einen gerechten Handel mit Wasserstoff und seinen Derivaten wie Methanol und Ammoniak aufzubauen. Die Bundesregierung muss konkrete und verbindliche Nachhaltigkeitsstandards in ihrer Wasserstoff -Importstrategie verankern. Das fordert auf der Basis der Studie ein Bündnis aus Umwelt- und Entwicklungsorganisationen unter Koordination der Klima-Allianz Deutschland - darunter auch das Institut für Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Kirche von Westfalen - in einem Positionspapier.
Pfarrer Klaus Breyer, Leiter des Instituts für Kirche und Gesellschaft und Mitglied im Sprecher*innenrat der Klima-Allianz Deutschland: „Nordrhein-Westfalen ist als Bundesland mit bedeutenden industriellen Kernen, einer komplexen Infrastruktur und einer großen urbanen Dichte ein Reallabor für Wasserstoff. Grüner Wasserstoff wird aber ein knappes Gut bleiben. Die Nutzung sollte daher auf Bereiche beschränkt werden, die anders nicht dekarbonisiert werden können wie die Stahl- und die Zementindustrie. Dies muss die Bundesregierung sicherstellen. Beim unvermeidbaren Import von grünem Wasserstoff geht es nicht nur um den Schutz der Biodiversität, die Einhaltung der Menschenrechte oder die Verbesserung der Energieversorgung in den Ländern des Globalen Südens. Es muss den Exportländern auch ermöglicht werden, in diesem neuen und bisher nicht monopolisierten globalen Markt ihre langfristigen wirtschaftlichen Chancen nutzen zu können. Die Gerechtigkeit gebietet: Der Globale Süden muss wesentlich von der Wertschöpfung in der Wasserstoff-Wirtschaft und den damit verbundenen Arbeitsplätzen profitieren. Hierfür braucht es neben klar definierten Nachhaltigkeitszielen, -kriterien und -instrumenten vor allem eine umfassende Einbeziehung lokaler Interessen in der Projektplanung und -umsetzung.“
Dr. Joachim Fünfgelt, Referent für Energiepolitik von Brot für die Welt, Mitzeichner des Forderungspapiers und Auftraggeber der Studie:
„Unsere Partner im globalen Süden befürchten, dass der Export von Wasserstoff zu verschärfter Wasserknappheit und Landnutzungskonflikten führt. Die Importstrategie der Bundesregierung muss daran ausgerichtet sein, Exportländer dabei zu unterstützen, negative Folgen der Wasserstoff produktion zu vermeiden. Sie muss außerdem eine verbesserte Energieversorgung, steigende Wertschöpfung und den Aufbau nachhaltiger Industrien in den Exportländern mitdenken. Es reicht nicht aus, sich lediglich zu Nachhaltigkeitszielen und -kriterien zu bekennen. Die Strategie muss einen gut abgestimmten Mix aus verschiedenen Politikinstrumenten benennen, um einen gerechten Handel mit Wasserstoff aufzubauen. Dazu gehört, die Einhaltung der Nachhaltigkeitsstandards zum Beispiel durch niedrigschwellige Beschwerdemechanismen sicherzustellen.”
Die Bundesregierung hat angekündigt, die Strategie zeitnah zu veröffentlichen. Sie soll darlegen, wie die benötigten Mengen Wasserstoff sichergestellt werden und dabei nachhaltige Lieferketten und Standards der Wasserstoff produktion etabliert werden können. Deutschland steht dabei an einem Scheideweg: Will es möglichst günstig und viel erneuerbaren und fossilen Wasserstoff importieren, auch wenn künftige Exportländer im globalen Süden mit negativen Folgen der Produktion konfrontiert wären? Oder will es einen nachhaltigen und gerechten globalen Markt aufbauen, wie in der Fortschreibung der Nationalen Wasserstoff strategie angekündigt?
Dr. Christiane Averbeck, Geschäftsführende Vorständin der Klima-Allianz Deutschland und Mitglied des Nationalen Wasserstoff rates:
„In der Importstrategie sollte ausschließlich eine Förderung von grünem Wasserstoff zum zielgerichteten Einsatz in den richtigen Anwendungen zugesagt werden. Nur dann wird ein effi zienter Beitrag zum globalen Klimaschutz geleistet. Außerdem sollten weitere, umfassende Nachhaltigkeits- und Gerechtigkeitskriterien für Wasserstoffimporte gelten, wie wir sie bereits 2021 mit dem Nationalen Wasserstoffrat aufgestellt haben.
Die Kriterien sollten nun verbindlich verankert und kontinuierlich mit der Zivilgesellschaft Deutschlands und der Partnerländer weiterentwickelt werden. So können Win-Win-Kooperationen entstehen – andernfalls sind die Integrität und Akzeptanz deutscher Projekte gefährdet. Deutschland sollte zudem den Schulterschluss mit der EU und den G7-Staaten bei der internationalen Entwicklung
nachhaltiger Wasserstoff standards suchen.”
Das Forderungspapier der Zivilgesellschaft konkretisiert die Erwartung nach verbindlichen Nachhaltigkeitsstandards für Wasserstoffprojekte, indem es einen umfassenden Kriterienkatalog vorlegt. Dazu gehören ökologische Kriterien wie die Vermeidung von Wasserknappheit, sowie soziale und Governance-Aspekte wie Transparenz, Landrechte und die frühzeitige Mitbestimmung der lokalen Bevölkerung.
Hier finden Sie die Pressemitteilung im PDF-Format.
Hier finden Sie das Forderungspapier und seine Mitzeichner*innen.
Hier finden Sie die Studie und ihre Mitverfasser*innen.