Kann man sich in einen Chatbot verlieben? Kann man mit Künstlicher Intelligenz (KI) gemeinsam lachen? Mit diesen und weiteren Fragen zu der Rolle, die KI-gestützte Systeme im zwischenmenschlichen Bereich spielen, beschäftigte sich eine Podiumsveranstaltung im Juni in Paderborn.
Möchte man Künstliche Intelligenz (KI) ein bisschen zum Verzweifeln bringen, muss man ihr nur einen Witz erzählen. Keinen Wortwitz, sondern einen etwas Komplexeren – und schon müht sie sich redlich, kommt aber trotz mehrerer Anläufe nicht dahinter. Der Versuch ist dabei übrigens sehr lustig… Mit diesen Erkenntnissen begann eine humorvolle Podiumsveranstaltung zur Frage, wie sehr KI-gestützte Systeme bereits in den eigentlich primär zwischenmenschlichen Bereich eingedrungen sind, die die Evangelische Akademie Villigst zusammen mit dem Heinz Nixdorf Museums Forum in Paderborn im Juni veranstaltete. Auf dem Podium saßen Prof. Dr. Rainer Stollmann, Universität Bremen, der sich in seiner Forschung insbesondere mit dem Thema Lachen beschäftigt, Nora Lindemann, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsgruppe Ethik der KI an der Universität Osnabrück, und Prof. Dr. Tobias Matzner, Direktor des Instituts für Medienwissenschaften der Universität Paderborn.
Das Thema KI ist einerseits allgegenwärtig, andererseits aber nicht einfach zu durchdringen und bekommt vielleicht auch deswegen im gesellschaftspolitischen Diskurs nicht immer die Aufmerksamkeit, die es angesichts der großen transformativen Wirkung auf viele Lebensbereiche bekommen könnte. KI-gestützte Systeme wie Chatbots, die eine Unterhaltung zwischen dem technischen System und der Nutzerin/dem Nutzer ermöglichen, spielen auch im privaten, gar intimen Bereich eine zunehmende Rolle, seien es romantische „Beziehungen“ zwischen einem Chatbot und einem Menschen oder „Gespräche“ mit Verstorbenen. Was bedeuten diese Entwicklungen für den Einzelnen und die Gesellschaft?
Konnte die Frage nach dem Humor in der Podiumsveranstaltung relativ schnell geklärt werden, wird es bei der „künstlichen Liebe“, schon sehr viel komplizierter. Bedenkt man, dass KI-Kommunikation in der Suche nach Mustern in sehr großen Datenmengen – beziehungsweise auf der Grundlage von speziellen Trainingsdaten, beispielsweise Texten einer verstorbenen Person, – besteht und die Algorithmen lediglich die wahrscheinlichsten Antworten auf die Anfragen der NutzerInnen berechnen und entsprechend wiedergeben, so scheint die Antwort auf den ersten Blick einfach: Auf dieser Grundlage lassen sich so etwas wie emotionale „Beziehungen“ kaum vorstellen. In der Realität aber gibt es Angebote wie beispielsweise REPLICA, die millionenfach von Menschen weltweit genutzt werden.
REPLICA wird als „Freund“ oder „Freundin“ oder eben auch als „Partner“ oder „Partnerin“ mit zusätzlichen erotischen Elementen angeboten. Und man kann in der Nutzung tatsächlich leicht vergessen, dass kein menschliches Gegenüber mit einem kommuniziert. In der Literatur und im Film ist dieses Thema bereits seit Jahren präsent und auch in der Realität erleben NutzerInnen diese Kommunikation dann auch offensichtlich als bereichernd, als erfüllend und vergleichen das Verhältnis mit dem zu einem Freund/einer Freundin oder eben einer Partnerin/einem Partner. Es gibt noch nicht viel Forschung zu der Frage, was das mit den NutzerInnen macht, aber vielleicht zeigt schon die emotionale Beziehung, die viele Menschen zu ihren Autos pflegen, dass die Unterscheidungslinien weniger klar verlaufen, als man vermuten könnte.
Dabei, auch das wurde angesprochen, gibt es auch immer wieder Berichte von sehr problematischen Aspekten dieser Art von „Beziehungen“, beispielsweise wenn einem Nutzer mit Suizidabsichten von Seiten des Chatbot zugeraten wird, diese wirklich umzusetzen.
Die lebhafte Beteiligung des Publikums an diesem Abend zeigte ein großes Interesse an den skizzierten Themen. Dass dabei nicht alle angesprochenen Fragen in der notwendigen Tiefe diskutiert werden konnten, liegt auf der Hand. Aber, ein Anfang wurde gemacht.
Dr. Stefanie Westermann
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