„Amerikas neues Gesicht“ titelte jüngst der Spiegel, bebildert mit einer Freiheitsstatue, die aggressiv die Faust ballt. Auch die US-amerikanische Klimapolitik zeigte bereits kurz nach der Wahl von Präsident Trump ihr neues Gesicht. Ein zweites Mal zieht sich der weltweit zweitgrößte Emittent aus dem Pariser Klimaabkommen zurück, gerade jetzt, wo dringend Fragen zur Klimafinanzierung für den Globalen Südens entschieden werden müssen. Der Ausstieg der USA wird das Vertrauen in eine global gerechte Klimapolitik weiter schwächen und setzt Anreize auch für andere Staaten, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen. Argentinien lässt dies bereits prüfen. In den USA selbst treibt Tump die Ausbeutung fossiler Energiereserven voran und untergräbt die Förderprogramme der Biden-Regierung. Der Inflation Reduction Act hatte fast 370 Milliarden Dollar mobilisiert, das größte Finanzpaket für den Klimaschutz in der Geschichte der USA. Damit sollten die USA bis 2050 klimaneutral werden und ihre Emissionen bereits bis 2030 gegenüber 2005 halbieren.
Trump torpediert auch die Klimaschutzaktivitäten auf regionaler und lokaler Ebene. So wies er beispielsweise die Stadtregierung von New York City an, die Anfang Januar eingeführte Nutzungsgebühr für innerstädtische Straße von bis zu 9 US-Dollar pro PKW pro Tag bis Mitte April einzustellen – und dies, obwohl die Gebühr den innerstädtischen Verkehr schon eine Woche nach der Einführung um 7,5% gesenkt hatte. Verwunderlich ist dies nicht, besitzt Trump doch mehrere Großimmobilien in der New Yorker Innenstadt. Und spätestens seit der ehemalige demokratische New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio 2019 Glasfassaden an neuen Hochhäusern verbieten lassen wollte, dürfte die pro-aktive Haltung der Stadtregierung dem Klimawandelskeptiker Trump ein Dorn im Auge sein. New York City, deren Treibhausgasemissionen hauptsächlich aus dem Gebäude- und Transportsektor kommen, ist u.a. Mitglied im C40 Cities Bündnis. NYC bekennt sich ausdrücklich zu den Pariser Klimaschutzzielen und will für die Förderung der Elektromobilität bis 2030 10.000 neue Ladestellen und bis 2040 eine 100% elektrisch betriebene städtische Fahrzeugflotte etablieren. Die Metropole erlaubt ab 2030 nur noch klimaneutrale Neubauten und will den Energieverbrauch in öffentlichen Gebäuden um 20% senken. Bisher gescheitert ist allerdings trotz intensiver Vorarbeiten ein lokaler Emissionshandel, das sogenannte New York Cap-and-Invest-Program.
US-Bundesstaaten im Nordosten und Westen der USA ist es hingegen schon besser gelungen, die Preise die ökologische Wahrheit sprechen zu lassen (Ernst Ulrich von Weizsäcker). Zwar sind landesweite Ansätze zur CO2-Bepreisung bisher vor allem am Widerstand der Kohle-Lobby gescheitert, zuletzt unter Präsident Obama im Jahr 2010. Gemäß dem Motto „Money makes the world go around” aus dem noch immer erfolgreichen Broadway-Musical Cabaret nutzen aber bereits seit 2009 elf Staaten im Nordosten einen regionalen Emissionshandel. Seit 2006-2008 gelang es dabei der sogenannten Regional Greenhouse Gas Initiative, die Emissionen aus der Stromerzeugung um 44% zu senken. Bemerkenswert war dabei vor allem, dass die Initiative von Beginn an auf eine Versteigerung der Emissionsrechte setzte. Im EU-Emissionshandel gelingt dies erst seit 2013. 2013 startete dann auch Kalifornien ein eigenes Emissionshandelssystem. Seit dem Jahr 2000 sind die Treibhausgasemissionen im Golden State um rund 20% gesunken. Bemerkenswert hier: Früh wurden neben der Stromerzeugung und der Industrie auch fossile Brennstoffe im Transport- und Gebäudesektor und so insgesamt rund 85% der Treibhausgase einbezogen. In Europa wird dies erst mit Einführung des EU-Emissionshandels 2 ab 2027 gelingen.
Finanzielle „carrots and sticks“, Zuckerbrot und Peitsche, standen dann auch im Mittelpunkt der internationalen Konferenz „Tax Law, the Environment, and Climate Change“. Dr. Sven Rudolph, Klimapolitik-Experte am IKG war eingeladen, über die Erfahrungen mit dem EU-Emissionshandel zu berichten. Der Elefant im Raum blieb aber auch hier die Trump-Regierung. Öffentlich fiel der Name des neuen Präsidenten bei der Konferenz zwar selten, Anspielungen gab es jedoch viele. So befürchteten viele Teilnehmer*innen u.a. den Verlust klimaorientierter Projektförderungen. Besonders drastisch wären die Konsequenzen z.B. für Großprojekte wie die von der Stadtregierung mit 700 Millionen Dollar geförderte New York Climate Exchange, ein noch im Aufbau befindliches Forschungszentrum – mit Klimakirche! – auf Governors Island vor Manhattan, das die Konferenz-Teilnehmer*innen auf einer Exkursion besuchten. Trotzdem war die Gesamtatmosphäre von einem „Jetzt erst recht“ bestimmt. So schlug beispielsweise eine langjährige Beraterin von Präsident Biden eine neue marktorientierte Koalition der Willigen zur Belebung der internationalen Klimaverhandlungen vor. Ausgehend von den 17 Staaten der G20, die bereits eine CO2-Bepreisung nutzten – nicht dabei die USA, Russlands und Saudi Arabien –, könnte eine Mischung aus eben dieser Bepreisung mit CO2-Grenzausgleichen wie dem EU Carbon Border Adjustment Mechanism sowie attraktiven Handelserleichterungen und Klimafinanzierungen für Staaten, die einen analogen Instrumentenmix einführten, zu einer stetigen Erweiterung der Koalition der Willigen führen.
Solche Ideen machen Hoffnung, auch und gerade in der Trump-Ära. Schon in der Vergangenheit haben die USA selten eine Führungsrolle in der internationalen Klimapolitik übernommen. Und so wird es auch weiter an Europa liegen, diese einzunehmen. Stärker als auf die USA, die zwar noch zweitgrößter Emittent, aber eben auch nur noch mit einem Anteil von 12% an den globalen Treibhausgas-Emissionen sind, wird es beim globalen Klimaschutz auf China und Indien ankommen. In den USA selbst hat sich zudem ein Akteursgeflecht etabliert, das vom Klimaschutz profitiert. Hierzu gehören neben Forschungseinrichtungen, Umweltbehörden und Klimaschutzorganisationen vor allem auch „grüne“ Industrien. So meldete Forbes im Sommer 2024, dass Privatunternehmen auf der Basis des Inflation Reduction Acts mehr als 360 Milliarden US-Dollar in fast 600 Projekte investiert haben, die fast 313.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Jeder öffentliche Dollar aus dem Act generiere demnach fünf bis sechs Dollar an privatem Investment. Solche Dividenden staatlicher Investitionen zu ignorieren, dürfte auch der Trump-Regierung schwerfallen. Und die Streichung der Programme dürfte auf heftigen Widerstand seitens der betroffenen Industrien stoßen, die teilweise eben auch in republikanisch regierten Bundesstaaten liegen. Zudem ist es nicht ausgeschlossen, dass der konfrontative Kurs der Trump-Regierung nach vier Jahren ein Ende findet, sollten sich gerade die Wirtschaftsdaten in den USA nicht zum besseren entwickeln. Dann steht den USA auch der Weg zurück zum Pariser Klimaabkommen und zu einer ambitionierten nationalen Klimapolitik wieder offen.
Dr. Sven Rudolph, Referent für sozial gerechte Klima- und Energiepolitik
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