Am Wochenende hat die Bundesregierung das dritte Entlastungspaket auf den Weg gebracht. Das Paket sieht eine Vielzahl von Maßnahmen vor, die zwar deutliche Entlastungen bringen werden, aber weder „wuchtig“ noch sozial gerecht sind. Und der Klimaschutz bleibt auch auf der Strecke.
Zwar werden im dritten Entlastungspaket wesentliche Fehler früherer Pakete überwunden. So werden gezielter als bisher Rentner*innen und Studierende über zeitnahe Direktzahlungen unterstützt. Positiv ist auch, dass die Übergewinnsteuer – wenn auch unter anderem Namen – wieder auf dem Tisch ist, nachdem die FDP ja lange blockiert hatte. So würden Unternehmen mit exorbitanten Gewinnen aus dem Ukraine-Krieges stärker zu Finanzierung der Entlastungen herangezogen.
Allerdings will die Bundesregierung zunächst auf eine europäische Regelung bei den Übergewinnen warten. Und auch viele durchaus sinnvolle Entlastungen kommen zu spät. So sollen die Unterstützungen durch das Kindergeld, Wohngeld und das neue Bürgergeld erst Anfang nächsten Jahres greifen. Bis dahin könnte es für viele Haushalte zu spät sein.
Sozial ausgewogen ist das Paket auch nicht. Die Verringerung der kalten Progression in der Einkommensteuer wird höhere Einkommen deutlich stärker entlasten als niedrigere. Und auch die verabschiedete Strompreisbremse entlastet reiche wie arme Haushalte.
Und was ist mit dem so dringend nötigen Klimaschutz? Während Deutschland unter einer historischen Dürre leidet und die Flutkatastrophe in Pakistan bereits mehr als tausend Todesopfer gefordert hat, hält die Bundesregierung die Preise für das klimaschädliche CO2 niedrig und verringert mit der Strompreisbremse die Anreize zum Energiesparen. Auch die Umwandlung des 9- in ein deutlich zu teures 49-69-Euro-Ticket wird wohl kaum Anreize zu einer klimafreundlichen Mobilität setzen.
Dass es auch besser geht, hatte vergangene Woche eine Studie des DIW Econ im Auftrag der Klima-Allianz Deutschland, in der auch das Institut für Kirche und Gesellschaft (IKG) der Evangelischen Kirche von Westfalen Mitglied ist, gezeigt. Die Forscher fordern statt des Gießkannenprinzips eines Energiepreisdeckels sozial ausgestaltete direkte Heizungszuschüsse für Bedürftige, ein 29 Euro Ticket für den ÖPNV, die Reform der Pendlerpauschale in ein Mobilitätsgeld und einen niedrigeren Mehrwertsteuersatz für pflanzliche Grundnahrungsmittel. Nur so können soziale und klimapolitische Ziele gemeinsam erreicht werden. Die Bundesregierung täte gut daran, hier stärker auf die Fachleute zu hören.
Ein Kommentar von Dr. Sven Rudolph, Referent für Sozialpolitik im Kontext gesellschaftlicher Transformation im Institut für Kirche und Gesellschaft
Dr. Sven Rudolph
02304 / 755 349
sven.rudolph@kircheundgesellschaft.de
Iserlohner Straße 25
58239 Schwerte