Gerade in Zeiten hoher Energiepreise ebbt die Kritik an zusätzlichen CO2-Preisen als Instrument der Klimapolitik nicht ab. Gleichwohl betonen Ökonomen die ökologischen und ökonomischen Vorteile einer marktwirtschaftlichen Klimapolitik. Nur wenn, wie der ehemalige Präsident des Wuppertal Institut Ernst Ulrich von Weizsäcker einst betonte, „die Preise die ökologische Wahrheit sagen“, kann eine Marktwirtschaft tatsächlich das Gemeinwohl befördern. Viele Regionen dieser Welt haben deshalb einen CO2-Preis eingeführt. Mittlerweile unterliegen nach neusten Recherchen der Welt Bank rund 68% der globalen Treibhausgase einer solchen Bepreisung. Auch die EU setzt seit 2005 auf einen Emissionshandel für Energieunternehmen, die Industrie und Teile der Luftfahrtbranche und will den Geltungsbereich in den nächsten Jahren auf den Straßenverkehr und die Haushalte ausdehnen. Letzteres hat Deutschland mit einem nationalen Emissionshandelssystem schon 2021 getan.
Jüngst mehrt sich aber die Kritik an der CO2-Bepreisung gerade aus sozialpolitischen Kreisen. Es wird betont, dass solche Preise ärmere Haushalte stärker treffen als reiche, in der Fachsprache heißt dies Regressivität. Da, wie eine Studie des renommierten DIW Econ im Auftrag der vom IGK mitgegründeten Klima-Allianz Deutschland erneut zeigen konnte, ärmere Haushalte einen vier- bis fünfmal höheren Anteil ihres Einkommens für Energie aufwenden als reiche Haushalte, sind sie auch von Preissteigerungen überproportional betroffen.
Dies hat auch die EU erkannt und sieht daher in ihrem Fit-for-55-Paket vom Juli 2021 die Einrichtung eines Klimasozialfonds vor. Mit 25% der Einnahmen aus dem geplanten Emissionshandel für Haushalte und Verkehr sollen gezielt Maßnahmen gegen eine drohende Energie- und Mobilitätsarmut finanziert werden. Wie genau, das bleibt aber weitgehend den Mitgliedsstaaten überlassen. Allgemeine Preissenkungen, wie sie in der Folge des Ukraine-Kriegs im Sommer für Benzin und Diesel umgesetzt wurden oder nun für Strom und Gas geplant sind, helfen hier aber nur bedingt.
Viel besser wären direkte Einkommenstransfers an die Haushalte. Das im Koalitionsvertrag der Ampelregierung vorgesehene Klimageld ist eine solche Zahlung. Es wird gespeist aus den Einnahmen des nationalen Emissionshandels in Deutschland. Anders als bei der zunächst in Deutschland umgesetzten Rückverteilung der Emissionshandelserlöse über eine höhere Pendlerpauschale und geringere Beiträge zur Finanzierung der erneuerbaren Energien mindern solche Direktzahlungen nicht die Anreize zum Energiesparen. Und sie entlasten bei überschaubaren Verwaltungskosten ärmere Haushalte am effektivsten, wie jüngste Berechnungen des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change zeigen.
Letzten Dezember legte das Umweltbundesamt hierzu eine vergleichende Bewertung unterschiedlicher Varianten vor und empfahl als zentralen Baustein einer Rückverteilung ein für alle Bürger*innen gleiches Klimageld. Lesen Sie hier die Bewertung.
Bereits im Februar 2022 hatte eine Studie im Auftrag der Klima-Allianz Deutschland nachgewiesen, dass solchen Direktzahlungen auch rechtlich und verwaltungsorganisatorisch nichts im Wege steht. Wissenschaftliche Beiträge aus den Reihen des IKG hatten vor dem Hintergrund gerechtigkeitstheoretischer Überlegungen bereits seit Jahren die Vorteilhaftigkeit einer pro Kopf gleichen Rückverteilung des CO2-Bepreisungsaufkommens betont, da eine solche am besten mit dem gleichen Recht eines jeden Menschen auf die Nutzung natürlicher Ressourcen vereinbar sei. Lesen Sie hierfür den Artikel „Emissionshandel im Verkehrs- und Haushaltssektor? Ja, aber richtig!“
Es bleibt also zu hoffen, dass die CO2-Bepreisung weiterhin ein zentrales Instrument der europäischen und deutschen Klimapolitik bleibt und auch weltweit noch stärkere Beachtung findet. Gleichsam müssen aber negative Verteilungswirkungen vermieden werden. Eine pro Kopf gleiche Rückverteilung des Aufkommens aus der CO2-Bepreisung ist dabei vielversprechend. Hierfür engagiert sich das IKG aktuell mit eigenen Beiträgen auf internationalen Fachkonferenzen – jüngst u.a. auf der Global Conference on Environmental Taxation (GCET) in Parma – und bringt sich als Gründungsmitglied der Klima-Allianz Deutschland auch in die Diskussionen um das Klimageld in Deutschland und den EU Klima-Sozialfonds ein.
Dr. Sven Rudolph
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