Das vierte Modul des Zertifikatsprogramms Transformationsdesigner*in startete draußen in Aktion: die Initiative für Nachhaltigkeit führte uns durch Essen zu verschiedenen Orten, an denen eine nachhaltige Stadtentwicklung sichtbar wird. Die erste, beeindruckende Station war das Fachgeschäft für Stadtwandel in der Gemarkenstraße 72. Hier betreiben ehrenamtlich Engagierte einen Laden, der zum Treffpunkt im Stadtteil für die dort lebenden Menschen geworden ist und von dem immer neue nachhaltige Projekte ausgehen. Es gibt einen Cafébereich, der sich über Spenden trägt, Tausch- und Schenkboxen, einen Kleiderladen mit Second Hand Klamotten für kleines Geld, eine Lastenradleihstation und, was insbesondere für ältere Menschen und Kinder im Stadtteil relevant ist, eine öffentlich zugängliche, kostenlos nutzbare Toilette.
Außerdem finden in den Räumlichkeiten regelmäßige Treffen statt, wie z.B. eine Näh- und Upcycling-Gruppe, eine Fahrradwerkstatt, ein Repair-Café sowie die Treffen der Initiative für Nachhaltigkeit, wo weitere Ideen für den Stadtteil ausgetauscht und Pläne geschmiedet werden. Der neuste Plan: ab diesem Frühjahr wird es eine Rikscha geben, die ebenso wie die Lastenräder ausgeliehen werden und für Spazierfahrten genutzt werden kann.
Die Stadtführung brachte uns über weitere Stationen, wie dem Verkehrs- und Umweltzentrum am Kopstadtplatz, wo u.a. der ADFC und BUND ansässig sind, über die Anschlussstelle des RS1 (Radschnellweg 1) zu unserem Abendausklang in der Bar Felis, wo bei Flammkuchen und Getränken weiter über die nachhaltige Stadtentwicklung und ihre Rolle in der sozial-ökologischen Transformation mit unseren Stadtführer*innen Martina Nies und Simon Knur diskutiert wurde.
Am Samstag ging es in die Vertiefung. Der Referent Raphael Moser war bis Ende vergangenen Jahres für das Wuppertal Institut im Forschungsbereich Stadtwandel tätig. Seitdem ist er Studiengangskoordinator des Masters of Public Policy an der NRW School of Governance. Er nahm uns mit in die Entwicklung der Stadtplanung von einer autozentrierten Sicht seit den 1950er Jahren mit der stetigen Zunahme an Automobilen hin zu heutigen Ansätzen, die den Menschen ihren Lebensraum in der Stadt zurück geben, mehr Naherholung durch Grün und durch andere Verkehrskonzepte ermöglichen wollen. Frappierend war u.a. die Erkenntnis, wie sich der Bewegungsradius von Kindern in der Stadt in den vergangenen 100 Jahren von rund 9 km auf unter 300 m verkleinert hat oder wie eine autozentrierte Stadt die sozialen Ungleichheiten hinsichtlich Gesundheit und Lebenserwartung verschärft, weil Menschen mit geringerem Einkommen häufiger an viel befahrenen Straßen leben und Lärm, Luftverschmutzung und Hitze stärker ausgesetzt sind.
In Gruppenarbeiten konnten die Teilnehmenden verschiedene Themenbereiche der Stadtplanung vertiefen, die sie anschließend der ganzen Gruppe präsentierten. Themen waren: Paris auf dem Weg zur 15-Minuten-Stadt, mit feministischer Stadtplanung zur guten Stadt für alle, Wien: coole Straßen für einen coolen Sommer und Befreiung vom Überfluss – Konzepte der Postwachstumsökonomie.
Der Referent Raphael Moser gab immer wieder praktische Einblicke in die verschiedenen Bereiche der Forschung und auch in seine praktische Arbeit durch ein Fallbeispiel: Die Teilnehmenden schlüpften in einem kurzen Planspiel in die Rollen der verschiedenen Akteur*innen bei der Umgestaltung des Neuen Grabens in Dortmund und konnten sich so in die verschiedenen Perspektiven einfühlen, die bei der nachhaltigen Umgestaltung unserer Städte berücksichtigt werden müssen.
Den Abend nutzten die Teilnehmenden, um weiter an ihrem Projekt zu arbeiten, das sie gemeinsam während des Programmdurchlaufs entwickeln. Auch das Abschlussmodul wurde weiter geplant. Das letzte Modul gestalten die Teilnehmenden selbst: sie legen die Themen fest und fragen Referent*innen an. Neben dem Inhalt war dieser partizipative Ansatz des Zertifikatsprogramms für die Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW entscheidend für die Zusage der finanziellen Förderung. Durch diese kann das Programm für die Teilnehmenden kostenfrei angeboten werden.
Am Sonntag ging es um praktisches Handwerkszeug, um die sozial-ökologische Transformation selbst voranzubringen. Der Coach und Klimakommunikationstrainer Dr. Christian Gutsche brachte uns Grundlagen gelingender Gesprächsführung näher, die das Gegenüber in den Blick nehmen, um Widerstände zu verstehen und nach einer gemeinsamen Wertebasis zu schauen. So können verhärtete Fronten in der Kommunikation über Klimathemen überwunden werden, Verständnis kann aufgebaut und anhand geteilter Werte und Motivation kann eine Offenheit oder sogar ein Umdenken beim Gesprächspartner entstehen. Zunächst beschrieben die Teilnehmenden ihre erdachten Gesprächspartner*innen, um dann in einer Kleingruppe die Gesprächssituation zu üben und auszuprobieren. Abschließend wurden die Situationen gemeinsam reflektiert. Ein Online-Termin in 6 Wochen soll noch einmal die Möglichkeit geben, Gelerntes zu vertiefen und Erfahrungen zu reflektieren, die seitdem in konkreten Gesprächssituationen gemacht wurden.
Das Modul IV des Zertifikatsprogramms Transformationsdesigner*in unter dem Titel „Grüne Oasen in einer beschleunigten Welt“ fand vom 21.-23. April 2023 in Essen statt. Das Abschlussmodul dieses Durchgangs findet vom 16. - 18. Juni 2023 in Villigst statt. Das Thema wird der soziale Wandel innerhalb der sozial-ökologischen Transformation sein. Das Programm endet mit der feierlichen Zertifikatsverleihung am Sonntag, den 18. Juni unter der Beteiligung der Kooperationspartner*innen vom Wuppertal Institut und den UN Jugenddelegierten für Nachhaltige Entwicklung.
Thea Jacobs
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