Die zunehmende Säkularisierung der Gesellschaft zeigt sich nicht nur im Rückgang der Kirchenmitgliedschaften und beschäftigt seit Jahren die betroffenen Gemeinden vor Ort. Die Nutzung kirchlicher Räume fällt im gleichen Maß, so dass deren Erhalt von immer weniger Menschen getragen werden muss. Eine Reaktion darauf ist, die Gemeindegrenzen zu erweitern und Gemeinden zusammenzulegen. Was mit mobilen Menschen noch möglich ist, trifft auf die Gebäude nicht zu. Kirchen werden also umgenutzt, verkauft oder auch abgerissen. Damit verschwindet im Einzelfall das Zentrum eines Stadtteils, der Fixpunkt einer Kommune und die Anlaufstelle für öffentliche Anliegen, die nicht kommunal sind.
Gemeinden sind in den allermeisten Fällen Eigentümer der Kirchen, Grundstücke, Friedhofskapellen und Gemeindehäuser. Ideel ist der Kreis derjenigen, die Kirche als etwas ihnen Zugehöriges betrachten glücklicherweise größer. Ob diese kulturelle, soziale und ideele Bindung auch dazu führt, sich außerhalb einer Kirchenmitgliedschaft für Kirchengebäude einzusetzen, wird sich weisen. Einen Aufschlag zu dieser wünschenswerten Diskussion macht das kürzlich lancierte Manifest „Kirchen sind Gemeingüter“.
Das von namhaften Unterzeichner*innen getragene Manifest fordert ein Umdenken bezogen auf den Umgang mit Kirchen. „Kirchen und ihre Ausstattungen gehören zu den wichtigsten Zeugnissen des Kulturerbes in Europa. Doch die christlichen Gemeinschaften sehen sich zunehmend nicht mehr in der Lage, diesen wertvollen Bestand zu erhalten … Staat und Gesellschaft dürfen sich ihrer historisch begründeten Verantwortung für dieses kulturelle Erbe nicht entziehen“, heißt es in der Einleitung. Aus dieser Begründung heraus fordern die Initiator*innen dazu auf, eine neue Form der Trägerschaft zu finden, beispielsweise mit einer Stiftung oder Stiftungslandschaft für Kirchenbauten und den Ausstattungen.
Zu den Initiator*innen des Manifests gehören unter anderem die Bundesstiftung Baukultur, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und Professor*innen für Geschichte und Theorie der Architektur und für Kunstgeschichte und Kulturelle Bildung der TU Dortmund. Mehr als 15.000 Menschen haben das Manifest bereits online unterschrieben.
Landeskirchenrat Dr. Jan-Dirk Döhling, Leiter des Instituts für Kirche und Gesellschaft der EKvW: „Unter den Kirchtürmen verdichten sich in Dörfern und Städten Heiliges und Historisches, Glaube und Gemeinsinn, kulturelles Gedächtnis und Zukunftshoffnungen wie an kaum einem anderen Ort. Es ist an der Zeit, dass wir als Kirche und Gesellschaft darüber ins Gespräch kommen, was uns unsere Sakral-Gebäude wert sind. Das Manifest ‚Kirchen sind Gemeingüter‘ ist hierfür ein wichtiger Impuls.“
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