Ich glaube: Gott* liebt's

CSD und Kirche

Die Evangelische Kirche von Westfalen nahm das erste Mal mit einer offiziellen Fußgruppe am Christopher Street Day in Köln teil. Neben bunten Queer-Fahnen trug sie ein selbstgebasteltes Plakat, auf dem stand: „Ich glaube: Gott* liebt's.“ 

Beitrag von Nicole Richter, Gleichstellungsbeauftragte der EKvW
Co-Leiterin des Fachbereichs Frauen Männer Vielfalt im IKG

Als wir uns zum Start des Christopher Street Days auf der Deutzer Brücke in Köln versammeln, wehen schon überall Regenbogenfahnen. Von dem offiziellen Veranstaltungswagen spricht gerade Sven Lehmann, Queerbeauftragter der Bundesregierung. Er kritisiert: Queere Menschen sind die letzte von den Nazis verfolgte Gruppe, die noch keinen expliziten Schutz durch das Grundgesetz genießen. Deshalb, so Sven Lehmann, braucht es noch vor der nächsten Bundestagswahl eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat, um den Schutz queerer Menschen im Grundgesetz zu verankern.

Christopher Street Day

Jubel aus der Community. Dann noch ein paar Reden von engagierten Politiker*innen und irgendwann geht es los. Zweihundertfünfzig Gruppen inklusive neunzig Festwagen setzen sich in Bewegung. Insgesamt sind es 1,2 Millionen Menschen, die an diesem Sonntag auf die Straße gehen. Das offizielle Motto des Cologne Pride lautet in diesem Jahr: "Für Menschenrechte. Viele. Gemeinsam. Stark." Erinnern soll der CSD einerseits an die Ereignisse in der Christopher-Street 1969 als in der Bar Stonewall Inn in New York der sogenannte Stonewall-Aufstand stattfand. Andererseits ist die Parade eine Demonstration um weiterhin für die Gleichberechtigung, Akzeptanz und gesellschaftliche Anerkennung von Schwulen, Lesben, Bisexuellen, Transsexuellen, Transgendern und Intersexuellen zu demonstrieren.

Die Evangelische Kirche im Rheinland ist mit der queeren Kirche Köln mit einem eigenen Wagen und dem queeren Chor dabei. Pfarrer Tim Lahr ist begeistert. In einem Instagram-Video sagt er: „Ich kann gar nicht im Worte fassen, was mir das heute bedeutet, das Kirche nach so viel Unterdrückung von queeren Menschen hier beim CSD mitgeht und mit jetzt mit einem eigenen Wagen und von allen Menschen gefeiert wird. Mir fehlen die Worte.“

Die Evangelische Kirche von Westfalen nimmt das erste Mal mit einer offiziellen Fußgruppe teil. Neben bunten Queer-Fahnen tragen wir ein selbstgebasteltes Plakat auf dem steht: Ich glaube: Gott* liebt's. Kaum gehen wir ein Stück, kommt eine Frau mit einem Glitzer-Regenbogen an der Wange auf uns zu. „Es ist so gut, dass ihr von der Kirche hier seid! Danke, dass ihr mit uns demonstriert!“, sagt sie und umarmt mich. Ein paar Meter weiter stürmt ein männliches Engelchen auf uns zu. „Ich glaube auch, dass Gott* uns alle liebt, egal, wen wir lieben!“, sagt er, macht ein Foto und tanzt davon. Dankende Blicke, jubelnde Zustimmung von den Seiten. Bewegend auch eine Frau, die mir erzählt, dass sie in ihrer Familie nie akzeptiert war, sich bis heute nicht outen kann, wie sie wirklich liebt. Sie hat Tränen in den Augen. „Danke“, sagt sie, als wir uns verabschieden. Es sind kurze, tiefe und sehr ehrliche Gespräche und Augenblicke an diesem Sonntagmorgen. Es ist eine Demonstration für Menschenrechte und Vielfalt und gleichzeitig für mich ein riesengroßer Gottes*dienst mitten auf der Straße. Zwischen all dem Bunten, Lauten, dem Tanzen und Feiern blitzt sie immer wieder durch, die Verletzlichkeit der Menschenrechte, die Sehnsucht nach Angenommen sein und auch nach Segen.

Ein weiterer CSD-Termin in Westfalen:

  • CSD in Dortmund | 14.09.24 | 11.30 Uhr Queer-Gottesdienst in der St. Petrikirche | ab 12.30 Uhr Mitlaufen in der CSD-Parade. Weitere Informationen gibt es bei der Gleichstellungsbeauftragten des Kirchenkreises Dortmund anna-lena.schmidt@ekkdo.de.
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Nicole Richter (sie/ihr), Gleichstellungsbeauftragte der EKVW

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