Crash-Kurs Queerfreundliche Kirche

„Was bedeutet eigentlich queerfreundlich und wie zeigt sich das?“, war eine Frage, die bei der EKD-Veranstaltungsreihe „Inter-, trans* und nicht binär in der Kirche“ gestellt wurde. Der Bedarf an Basisinformationen ist groß. Das zeigt die hohe Teilnehmendenzahl: 200 Menschen aus der ganzen EKD hatten sich angemeldet.

queer

„Queer ist ein Container-Begriff“, so Theodor Adam vom Zentrum für queersensible Seelsorge der Ev. Lutherischen Kirche Hannover. Als „queer“ werden Menschen bezeichnet, deren geschlechtliche Identität und/oder sexuelle Orientierung nicht der zweigeschlechtlichen, cis-geschlechtlichen und/oder heterosexuellen Norm entspricht. Jedoch: Nicht alle Menschen der Community ordnen sich dem Begriff zu. Viele wählen für sich andere Bezeichnungen wie bi- oder asexuell, schwul, lesbisch oder trans* oder intergeschlechtlich.
Am 18. November 2022 hat die Bundesregierung erstmalig einen den Aktionsplan "Queer leben" beschlossen. Das Ziel ist, Diskriminierungen und Queerfeindlichkeit entgegenzuwirken, die Gleichstellung voranzubringen und die Akzeptanz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt zu fördern. Auch die EKvW hat sich im Juni 2022 durch einen Landessynodenbeschluss den Auftrag gegeben, Diskriminierungen abzubauen und Queerfreundlichkeit in der Kirche zu fördern. Doch was bedeutet das konkret? Die Impulsgeber*innen der EKD-Online-Veranstaltung Mo Ott, Vikarsperson, und Klaus Peter Lüdke, Vater eines Trans*kindes und Autor, hatten dazu einige Ideen. Eine wichtige Grundvoraussetzung ist eine menschenfreundliche Haltung, die sich durch Offenheit und Wertschätzung des Gegenübers zeigt. Wer queersensibel ist, fragt z.B. zu Beginn einer Unterhaltung oder beim Kennenlernen nach, wie der Mensch angesprochen werden möchte. Es ist nicht selbstverständlich, dass sich ein Mensch als männlich oder weiblich definiert und als Frau oder Herr angesprochen werden möchte. Nicht-binäre Menschen identifizieren sich weder als Mann noch als Frau. Am 13. Dezember 2018 hat der Bundestag die dritte Geschlechtsoption "divers“ beschlossen und so intersexuellen Menschen rechtlich ermöglicht, sich außerhalb des binären, also zweigeteilten, Geschlechtssystems zu positionieren. Da die Pronomen "sie" und "er" in der deutschen Sprache geschlechtsbezogen sind, bevorzugen manche nicht-binäre Menschen andere Formen wie zum Beispiel „es“ oder das englische "they/them". Dies kann z.B. auch im digitalen Raum unter dem eigenen Namen oder im Mailabsender angegeben werden. Vielleicht irritiert diese Neuerung zunächst, doch es ist eine gute Möglichkeit miteinander ins Gespräch zu kommen und gemeinsam das Bewusstsein für diverse Geschlechtsidentitäten zu schärfen. Wer das jeweilige Pronomen noch nicht kennt, kann den Vor- und Namen wiederholen. In Briefen schreiben queersensible Menschen z.B. „Guten Tag, Mo Ott!“ und nicht mehr „Guten Tag, Herr Graf“. Auch die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“ kann durch eine genderneutrale Form queersensibel werden, zum Beispiel durch: „Liebe Führungskräfte, liebe Beschäftigte, liebes Team/Kollegium“. Eine genderinklusive Anrede kann durch den Genderstern *, den Genderdoppelpunkt : oder die Genderlücke _ gekennzeichnet werden. „Neben der Anrede, gibt es aber auch weitere Punkte, die im Alltag für nicht-binäre Menschen wichtig sind“, so Mo Ott. „zum Beispiel die Einrichtung von WCs, Duschräumen, Umkleiden, Zimmer bei Freizeiten für alle Menschen - jenseits der binären Einteilung“.

Nicole Richter

Weitere Informationen zu der Veranstaltungsreihe „Inter-, trans* und nicht binär in der Kirche“ finden Sie auf www.evangelisch-in-westfalen.de unter Gleichstellung.
Nächster Termin: 17.10.23 von 16-18.00 Uhr, Thema: „Worum geht es? Das geplante Selbstbestimmungsgesetz“ und 29.11.2023 von 16-18.00 Uhr Thema: Konsequenzen für die unterschiedlichen kirchlichen Handlungsfelder.