Kürzungen abwenden, Zukunftsinvestitionen sichern ...

... für einen Kurswechsel in der Finanz- und Haushaltspolitik

Haushaltsentwurf nicht zukunftsfähig - Dem sozial gerechten Klimaschutz fehlen Milliarden

Am 17. Juli legte die Bundesregierung den lang erwarteten Haushaltsentwurf für 2025 vor. Mit einem Gesamtvolumen von 481 Mrd. Euro wird die Schuldenbremse eingehalten. Etatkürzungen sind für das Auswärtige Amt, und die Ministerien für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie Wirtschaft und Klimaschutz vorgesehen, während das Bau-, das Umwelt- und das Verkehrsministerium Etaterhöhungen erwarten dürfen. Was dies konkret für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) bedeutet, aus dem zentrale Projekte des sozial-ökologischen Umbaus finanziert werden, bleibt jedoch mindestens bis zur Veröffentlichung des Wirtschaftsplans für den KTF offen. Es könnten aber Milliarden bei der Finanzierung eines sozial gerechten Klimaschutzes fehlen. Das IKG hatte bereits im April und Juni dieses Jahres gemeinsam mit Partnerorganisationen aus der Klima-Allianz Deutschland auf diese Problematik hingewiesen (s.u.).

Ein im Juli veröffentlichter Policy Brief des Forum Ökologische-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) weist dann auch einen durchschnittlichen Finanzbedarf von 51 Mrd. Euro pro Jahr für die direkte Förderung des Klimaschutzes in den Sektoren Industrie, Land- und Forstwirtschaft, Verkehr und Gebäude sowie für Entlastungsmaßnahmen für Haushalte und Unternehmen nach. Auf der Haben-Seite fließen in den KTF aber nur die Einnahmen aus dem europäischen Emissionshandel für Industrie und Stromerzeuger sowie dem nationalen CO2-Preis für die Sektoren Gebäude und Verkehr. Im Jahr 2025 erwartet die Bundesregierung hier rund 25 Mrd. Euro. Da die CO2-Preisentwicklung schwer einzuschätzen ist und zudem Preise am Markt für CO2-Zertifkate stark schwanken können, bleibt ein Bundeszuschuss zum KTF notwendig.

Das FÖS schlägt daher zur teilweisen Gegenfinanzierung eine Inflationsanpassung bei der Energiesteuer und dem CO2-Preis vor, die gemeinsam fast 16 Mrd. Euro an Mehreinnahmen für 2025 bringen würden. Aufgrund der Inflation sei nämlich z.B. die reale Belastung von Benzin durch die Energiesteuer und den CO2-Preis um rund 25% gegenüber 2003 gesunken. Gestiegen seien hingegen die steuerlichen Lasten auf Arbeit, Kapital und Umsatz. Zusätzlich böte, so die Expert*innen des FÖS, der Ab- bzw. Umbau klimaschädlicher Subventionen schon kurzfristig ein Einsparpotential von rund 24 Mrd. Euro.

„Die sozial-ökologische Transformation muss auf eine stabilere finanzielle Basis gestellt werden. Der Abbau klimaschädlicher und sozial ungerechter Subventionen sowie die Inflationsanpassung von Energiesteuern und CO2-Preisen kombiniert mit effektiven Ausgleichsmaßnahmen wie dem Klimageld sind hier richtige erste Schritte“, so IKG-Klimapolitikexperte Dr. Sven Rudolph.

 

Offener Brief appelliert an die Bundesregierung – „Mehr Spielraum für Zukunftsinvestitionen statt haushaltspolitische Sackgasse“

Am Wochenende wendete sich ein Bündnis aus 16 Umwelt- und Sozialverbänden mit einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz und die Minister für Wirtschaft und Klima Robert Habeck sowie Finanzen Christian Lindner. Der Anlass: Noch diesen Juli beschließt die Bundesregierung ihren Haushaltsentwurf 2025. Und es drohen massive Kürzungen im Bereich Klimaschutz und soziale Sicherung. Das Institut für Kirche und Gesellschaft gehört mit zu den Unterzeichnern des Briefes. 

Dr. Sven Rudolph, Ökonom und Klimapolitikexperte am Institut für Kirche und Gesellschaft der EKvW, unterstreicht: „Wir brauchen mehr Spielraum für echte Zukunftsinvestitionen in den Klimaschutz, die soziale Sicherheit und eine nachhaltige Wirtschaft. Dies bestätigen mittlerweile auch namhafte Wissenschaftler*innen. Mittlerweile wird von über 50 Milliarden Euro an notwendigen öffentlichen Zusatzinvestitionen jährlich bis 2035 ausgegangen. Nur mit diesen können wir die große Gemeinschaftsaufgabe der sozial-ökologischen Transformation bewältigen, ohne den sozialen Zusammenhalt zu gefährden und damit den Gegnern unserer Demokratie in die Hände zu spielen. Mit der haushaltspolitischen Sackgasse, auf die die Bundesregierung gerade mit Vollgas zusteuert, wird dies aber nicht gelingen. Stattdessen sollte die Bundesregierung alle Möglichkeiten einer erweiterten Kreditaufnahme für den Bundeshaushalt 2025 ausschöpfen und die Schuldenbremse reformieren. Jetzt ist die Zeit für einen echten Kurswechsel in der Haushaltspolitik.“

Hier finden Sie den offenen Brief. 

Pressemitteilung der Klima-Allianz Deutschland: Breites Bündnis warnt Bundesregierung: Kürzungen stoppen!

 

 

Presseinfo vom 11.04.2024

Das fordert ein gemeinsamer Appell von 18 Klima-, Wohlfahrts- und Jugendverbänden, Kirchen, Mieterverbänden und Gewerkschaften zum geplanten Bundeshaushalt 2025. Mit Unterstützung des Instituts für Kirche und Gesellschaft (IKG) der Evangelischen Kirche von Westfalen fordert das Bündnis eine wirklich nachhaltige Finanz- und Haushaltspolitik, die größere Spielräume für langfristige Investitionen in den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Klimaschutz schafft. Notwendig hierfür sind eine weitreichende Reform der Schuldenbremse und ein Sondervermögen für die sozial-ökologische Transformation. Angesichts der eskalierenden Klimakrise, der zunehmenden Ungleichheit und sich verbreitender anti-demokratischer Tendenzen muss der Staat handlungsfähig bleiben. Nur so können die dringend notwenigen Investitionen beispielsweise in den Ausbau des Schienenverkehrs, die Wärmewende oder die Dekarbonisierung der Industrie gesichert werden.

 

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Dr. Sven Rudolph, Klimapolitikexperte am IKG, hierzu: „Die geplante Sparpolitik bei der sozialen Infrastruktur und klimaneutralen Technologien ist gerade jetzt das falsche Signal. Generationengerechtigkeit - und für diese stehen wir als kirchlicher Akteur - heißt nicht nur, zukünftigen Generationen hohe Staatsschulden zu ersparen, sondern auch, sie vor den Folgekosten des Klimawandels und des Verlusts von sozialem Zusammenhalt bestmöglich zu schützen. Und diese Langfristkosten sind deutlich höher als die notwendigen Investitionen in eine klimaneutrale, soziale und demokratische Zukunft. Es lohnt sich also, heute in die Zukunft zu investieren, auch wenn dies vorübergehend höhere Schulden bedeutet.“

Der Klimaökonom ergänzt: „Das ist aber kein Freibrief. Gerade in Zeiten knapper Kassen muss die sozial-ökologische Transformation auch kostenbewusst sein. Damit gehören einerseits gerade klimaschädliche und sozial kontraproduktive Subventionen wie das Dienstwagenprivileg – Kosten für den Staat immerhin 3,5-5,5 Milliarden Euro pro Jahr – auf den Prüfstand. Andererseits empfiehlt sich der Ausbau kosteneffizienter Instrumente, wie sie die EU mit der geplanten Ausweitung des Emissionshandels auf den Verkehrs- und Gebäudesektor ab 2027 vorsieht. Nicht zuletzt sollten auch die aus dem Klima- und Transformationsfonds finanzierten Programme sowohl auf ihre ökologische als auch auf ihre soziale Wirksamkeit geprüft werden. Die Förderung von Chipfabriken und Wallboxen für Hauseigentümer würde diesen Test sicher nicht bestehen.“

„Trotzdem braucht es zusätzliche Haushaltsmittel. Denn allein der Finanzbedarf des Bundes für die Transformation liegt bei über 30 Milliarden Euro pro Jahr. Jedoch können sich dann die zusätzlich notwendigen staatlichen Investitionen auf das wirklich Notwendige konzentrieren, den Ausbau einer klimafreundlichen Verkehrsinfrastruktur beispielsweise oder die Unterstützung ärmerer Haushalte beim Übergang zu einer klimaneutralen Mobilität und Gebäudeheizung.“

Verbändeappell „Kürzungen abwenden, Zukunftsinvestitionen sichern“

Hier finden Sie die Pressemitteilung im PDF-Format.

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Verbände-Appell-Instagram_©KlimaAllianz_Deutschland

 

 

 

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Dr. Sven Rudolph, Referent für sozial gerechte Klima- und Energiepolitik

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