Eine Gefahr für sich und andere?
Zum polizeilichen Umgang mit Menschen in psychischen Ausnahmesituationen

Rückschau auf eine gemeinsame Veranstaltung der Evangelischen Akademie Villigst und des Kirchlichen Dienstes in der Polizei an der Deutschen Hochschule für Polizei Münster am 24. und 25. Mai 2023

Dass die Polizei Kontakt mit Menschen hat, die sich in einem psychischen Ausnahmezustand befinden, passiert nicht selten. Vielfach werden diese Situationen gut gelöst und doch gehören sie aufgrund ihrer Unberechenbarkeit zu den herausforderndsten polizeilichen Einsatzsituationen. Und wenn sie nicht gut gelöst werden, kann dies dramatische Folgen haben. Dazu gibt es Veröffentlichungen in den Medien, die von Tötungen von psychisch verwirrten Menschen durch die Polizei berichten.

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Menschen in psychischen Ausnahmesituationen verhalten sich zumeist anders, als sie es sonst tun würden. Sie sind rationalen Argumenten weniger zugänglich, können Situationen anders interpretieren, als es ihr Umfeld tut. Um einen guten Ausgang – den die Polizeikräfte stets anstreben – in diesen Lagen wahrscheinlicher zu machen, kann Wissen über psychische Erkrankungen, über mögliche Trigger und das Erleben von Betroffenen sowie das Einüben von Kommunikationsstrategien hilfreich sein.

Schaut man auf die Prävalenz psychischer Erkrankungen, ist zu erkennen, wie schnell Lebenskrisen in solche Ausnahmezustände führen können. Dabei wird auch klar: Jede und jeder kann in solche Situationen kommen und auf die richtige Ansprache, eine gelingende Kommunikation unter schwierigen Umständen angewiesen sein. Aber der Stellenwert, den dieses Thema bislang in der polizeilichen Aus- und Weiterbildung einnimmt, ist in vielen Bundesländern noch sehr gering. Gleiches gilt für die Datenlage zu solchen Einsätzen. Umgekehrt wird der Bedarf an Weiterbildung gerade auf diesem Feld von Polizistinnen und Polizisten als besonders hoch und dringlich eingeschätzt.

Im Rahmen der Tagung ging es deshalb zum einen darum, sich grundsätzlich mit dem Thema des polizeilichen Umgangs mit Menschen in psychischen Ausnahmesituationen zu befassen. Renommierte Klinikleiterinnen und Pflegedienstleitungen erläuterten ausführlich Krankheitsbilder und Situationen „auf Station“ und halfen dabei, die Besonderheiten im Verhalten bei psychisch erkrankten Menschen zu verstehen. Auch von Seiten der Kriminologie aus wurde erläutert, was notwendig ist und wo Weiterbildungen ansetzen sollten. Alexandra Dorndorf, Polizeipräsidentin von Münster, unterstrich das und signalisierte mit einem persönlich vorgetragenen Grußwort Wertschätzung gerade auch den vielen Polizistinnen und Polizisten, die für die Tagung teils aus ganz NRW nach Münster gereist waren.

Daneben stand der Dialog mit anderen Disziplinen, die eng mit Menschen in solchen psychischen Ausnahmezuständen zusammenarbeiten, im Fokus, nicht zuletzt, um von hier schon lange und erfolgreich angewandte Deeskalations- und Kommunikationstechniken zu lernen. Krisenkommunikation in Situationen von schweren Krisen bis hin zum Suizid oder in gewalttätigen Konflikten waren die Erfahrungsbereiche der Referentinnen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer empfanden ihre Beiträge als sehr hilfreich. Es wurde deutlich, wie sehr ein grundlegendes Verständnis beispielsweise von Traumatisierungen bei geflüchteten Menschen oder Schizophrenie sowie zur Wirkung der eigenen Körpersprache helfen kann, in solchen kritischen Situationen gut zu reagieren. Ein umso dringlicherer Apell, diese Themen bundesweit fest in der polizeilichen Aus- und Weiterbildung zu verankern, verbunden mit der ermutigenden Erkenntnis, dass gerade die berufs- und bereichsübergreifende Zusammenarbeit sehr fruchtbar und für alle Beteiligten weiterführend sein kann.

Eine gemeinsame Veranstaltung der Evangelische Akademie Villigst und des Kirchlichen Dienstes in der Polizei und an der Deutschen Hochschule für Polizei Münster

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Dr. Stefanie Westermann
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