35 Jahre nach Tschernobyl – die Hoffnung geht weiter

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Für kurze Zeit war sie wieder in den Tageszeitungen und im TV präsent, die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986, die viel Unglück und Leid für Menschheit und Natur gebracht hat. Der amerikanische Vierteiler Chernobyl im TV, aber auch zahlreiche digitale Veranstaltungen – z. B. der Heinrich-Böll-Stiftung oder der SPD – erinnerten eindrucksvoll an den damaligen Umgang der Sowjetrepublik, aber auch anderer Länder wie Deutschland, mit der Katastrophe.  Auch die anfängliche Vertuschung des Super-GAUs sowie die Verharmlosung des Umfangs der Katastrophe in der UdSSR kamen dabei plausibel zum Ausdruck. Es starben viele Menschen an der Katastrophe und sterben bis heute an den Folgen.

Besonders groß waren die Auswirkungen auf das heutige Gebiet der Republik Belarus – 70 % des Fallouts gingen über diesem Territorium nieder. Deshalb ist es nur zu verständlich, wenn gerade in Belarus Menschen der Reaktorkatastrophe gedenken und es wäre auch sehr verständlich, wenn es eine sehr kritische Haltung zur Atomkraft gäbe. Leider hielt das die Regierung von Belarus vor einigen Jahren aber nicht davon ab, wieder ein neues Atomkraftwerk bauen zu lassen, welches im vergangenen November seinen Betrieb aufgenommen hat. Informationen zu diesem Atomkraftwerk gibt es von Seiten der Regierung aber sehr wenig.

Gleichzeitig gibt es aber auch andere Zeichen, die in Belarus gesetzt wurden. Schon seit 2017 existiert im Kinderzentrum Nadeshda, einem Erholungszentrum für die Kinder und Jugendlichen aus der Tschernobyl-Region, eine zu einem sehr großen Teil durch die Partnerorganisationen in Deutschland finanzierte  Photovoltaikanlage, die zu 95 % für die Stromversorgung im Zentrum Nadeshda sorgt und die auch  für erhebliche Einnahmen sorgt, da der Strom der PV-Anlage auch in das weißrussische Stromnetz eingespeist wird. Auch in der krisenbehafteten Corona- Phase sorgte die PV-Anlage für eine lukrative Einnahmequelle.

Trotz dieser erfreulichen Möglichkeit war die deutsch-belarussische Partnerschaftsarbeit aber nur sehr erschwert möglich, was aufgrund der Corona-Pandemie auch nicht verwundert: Die Angebote des Instituts für Kirche und Gesellschaft mit der Männerarbeit in Kooperation mit dem Kinderzentrum Nadeshda mussten leider alle abgesagt werden, die Kontakte konnten nur virtuell oder über E-mails gepflegt werden. Eine geplante Studienreise oder ein Arbeitseinsatz – das alles fiel den Schutzmaßnahmen gegen die Pandemie zum Opfer.  

Allerdings war die Corona-Pandemie nicht das einzige große Problem im Kinderzentrum Nadeshda: auch die gefälschte Präsidentenwahl am 09. August führte zu einer weiteren Herausforderung für das Zentrum. Mit einer mutigen Solidaritätsaktion für die Demonstrant*innen gegen den Staatschef Lukaschenko haben die Mitarbeiter*innen zwar die Anerkennung der deutschen Partner*innen gewonnen, sind gleichzeitig aber auch der Willkür der staatlichen Strukturen ausgesetzt. Regelmäßige Besuche von Sicherheitskräften und teilweise merkwürdige Entscheidungen staatlicher  Behörden verunsicherten die Mitarbeitenden des Zentrums spürbar und stärkten auch die Sorgen der deutschen „Freund*innen von Nadeshda“.

Das hielt das Zentrum aber nicht davon ab, auch in diesem Jahr wieder mit den Kindern und Jugendlichen, die zur Erholung im Zentrum waren, auf traditionelle Art und Weise der Katastrophe vor 35 Jahren zu gedenken, nachdenklich – meditativ, aber auch informativ mit Blick auf nachhaltige Alternativen zum gefährlichen Atomstrom, damit die Hoffnung – Nadeshda ist das russische Wort für Hoffnung auch in dieser schwierigen Zeit weiterlebt. Die Männerarbeit solidarisiert sich auch weiterhin mit Nadeshda und hofft darauf, dass in diesem Herbst wieder Veranstaltungen in Belarus möglich sind.

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Ralf Höffken
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